Rede von Nicolas Fink anlässlich der 3. Lesung des Doppelhaushaltes 2020/2021
der Stadt Esslingen am Neckar am 17. März 2020
Sperrfrist bis 20.03.2020, 16.00 Uhr
-es gilt das gesprochene Wort-
„In der Krise beweist sich der Charakter.“ – Helmut Schmidt
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
werte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,
die heutige Sitzung wird einen herausgehobenen Platz in der Geschichte der Stadt Esslingen finden. In der Zeit einer historischen Herausforderung sorgen wir heute hoffentlich dafür, dass unsere Stadt handlungsfähig bleibt. Grundlage hierfür ist die Verabschiedung des Doppelhaushalts. Dass unsere Stadt, dass unser Gemeinwesen mit dem Coronavirus so gut wie möglich klar kommt, liegt an vielen engagierten Menschen.
Deshalb auch an dieser Stelle: Großer Dank und Respekt allen, die mit riesigem Einsatz daran arbeiten, dass wir diese Zeit gemeinsam gut überstehen!
Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte, Apothekerinnen und Apotheker, Bäckereien, die Angestellten in Supermärkten und im ÖPNV – wir spüren in diesen Tagen, wer dieses Land am Laufen hält. Außerdem sollten wir gemeinsam auch den stilleren Helden des Alltags danken. Denken Sie z.B. an den Bereich der Ver- und Entsorgung. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kläranlagen, der Wasserwerke und der Stromversorgung. Vielleicht gelingt es uns, diese Anerkennung über die Krise hinaus zu bewahren.
Ausdrücklich beziehen wir in diesen Dank auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Stadtverwaltung mit ein. Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Herren Bürgermeister, Sie zeigen Handlungsstärke, Sie geben Orientierung, Sie arbeiten rund um die Uhr um diese Krise zu bewältigen. Ihnen und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sagen wir: Danke! „Business as usual“ ist einer Stadt wie Esslingen schon eine Herausforderung; doch gerade jetzt zeigt sich, wie wichtig der funktionierende öffentliche Dienst für unsere Stadtgesellschaft ist. Gut, werte Herren, dass wir Sie haben und gut, dass wir eine engagierte Mitarbeiterschaft in unserer Stadt haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, technisch gesehen ist dies heute die 3. Lesung zum Doppelhaushalt 20/21. Die SPD-Fraktion hatte sich darauf gefreut, mit Ihnen über die diversen kommunalpolitischen Fragen zu diskutieren. Wie sieht eine vernünftige Einnahmestruktur der Stadt aus? Wie gestalten wir einen zeitgemäßen ÖPNV? Wie können wir die Situation auf dem Wohnungsmarkt verbessern? Was können wir gemeinsam im Kampf gegen Rechtsextremismus unternehmen? Diese Fragen haben nichts an Bedeutung verloren. Allerdings werden wir uns mit diesen Fragen dann wieder intensiv beschäftigen, wenn wir die Corona-Herausforderung gemeinsam gemeistert haben.
Eigentlich wollte ich an dieser Stelle den anderen Fraktionen für ein starkes Signal der Geschlossenheit danken. Denn bis vor wenigen Stunden bin ich davon ausgegangen, dass wir in dieser schweren Zeit Geschlossenheit demonstrieren. Dann kam die Nachricht der CDU und der FDP. Dieser Antrag, diese Vorgehensweise ist nicht nur unsolidarisch und politisch waghalsig, sondern verantwortungslos in höchstem Maße. Nicht nur, dass der Antrag handwerklich unterirdisch ist (kein Deckungsvorschlag, kein formulierter Änderungsantrag zum bestehenden Haushaltsplanentwurf); sollte die Position der CDU und der FDP aus unerfindlichen Gründen in die Realität umgesetzt werden, dann stünde die Stadt Esslingen in der größten Krise ohne genehmigungsfähigen Haushalt da und wäre faktisch handlungsunfähig. Die SPD-Fraktion appelliert deshalb an das Verantwortungbewusstsein des gesamten Gemeinderats. Lassen Sie uns gemeinsam einen genehmigungsfähigen Haushaltsplan verabschieden und lassen Sie uns gemeinsam Verantwortung übernehmen. Die SPD-Fraktion bedankt sich ausdrücklich bei allen Kolleginnen und Kollegen, die heute entsprechend handeln. Dies beinhaltet auch ausdrücklich die Kolleginnen und Kollegen der Freien Wähler, die sich z.B. mit dem Thema „Grundsteuererhöhung“ im Vorfeld schwer getan haben und heute trotzdem zustimmen; dafür unseren ausdrücklichen Respekt!
Ein gemeinsamer Geist ist gerade jetzt eine Chance für die Zeit nach der Pandemie. Die Welt wird danach eine andere sein. Gemeinsam werden wir alles dafür tun müssen, dass unsere Wirtschaft aber auch insbesondere unser kulturelle Einrichtungen diese Krise überstehen.
Kerstin Münstermann vom Hamburger Abendblatt hat dies treffend beschrieben: Corona ist ein soziologisches Experiment, eine Prüfung für Gesellschaften auf der ganzen Welt. Aber es ist auch eine Chance. Zu erkennen, was für ein unersetzlicher Wert ein entspanntes, friedliches, gesellschaftliches Leben ist. Welch Glück ein überwiegend funktionierendes und nicht kaputt gespartes Gesundheitssystem ist. Welche Chancen die Forschung bietet. Dass globale Katastrophen keine Grenzen kennen und man gemeinsam stärker ist als allein.
Dazu gehört, dass die SPD-Fraktion dem vorliegenden Haushaltsplanentwurf -und allen dafür notwendigen Beschlüssen- zustimmt. Wir zeigen Charakter und setzen den Satz „Whatever it takes“ in politisches Handeln um. Wir wissen, dass die Zahlen in wenigen Stunden bereits Makulatur sein werden und wir wissen, dass wir schon sehr bald über einen Nachtragshaushalt beraten werden. Deshalb verzichten wir bewusst darauf, Einzelanträge erneut aufzurufen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Tage, die sich so merkwürdig anfühlen, sind eine gute Zeit, sich klar zu machen, welchen Schatz das menschliche Miteinander in sich birgt. Welch Geschenk eine freiheitliche Gesellschaft bislang war. Es ist auch die Chance, herbeigeredete Krisen von wirklichen zu unterscheiden. Zu sehen, welchen Wert das Miteinander hat. Und den Tag herbeizusehnen, an dem es wieder stattfinden kann.
In diesem Sinne: Passen Sie auf sich und andere auf!